Lilly van Stokkem wohnt seit 2016 auf Schiermonnikoog

"Es ist 6 Uhr morgens und ich stehe mit unserem Hund Yoshi auf dem Deich. Ein Frühlingstag wie er im Buche steht kündigt sich an. Noch ist es fast ganz dunkel, in der Ferne sehe ich die Lichter vom Hafen von Lauwersoog. Wenn ich mich umdrehe sehe ich, wie in den Häusern im Dorf immer mehr Fenster erleuchtet werden. Die Insel wird langsam wach …

Ich heiße Lilly van Stokkem. Seit 2016 wohne und arbeite ich auf Schiermonnikoog. Wie ich hier gelandet bin?

Meine Familie kommt schon mehr als 40 Jahre lang jeden Sommer auf die Insel. Meine Eltern haben die Insel für sich entdeckt als meine Mutter nahe der deutsch-niederländischen Grenze gearbeitet hat. Als Familie verbrachten wir jede Sommerferien in einem Haus in der Middenstreek bei den Brüdern Douwe und Foppe Smit.  Wir suchten Muscheln am Strand, machten Strandritte mit der Manege Binnendijken, aßen Pfannkuchen im Restaurant Sapkum (das es heute leider nicht mehr gibt) und machten Fahrradtouren durch den Wald. Ich glaube, dass drei von uns vier Geschwistern hier auf der Insel das Radfahren gelernt haben.

Später kamen wir mit Freunden, denen wir die Insel inzwischen auch schmackhaft gemacht hatten. Wir kamen jetzt nicht mehr jedes Jahr, wir Kinder waren zum Studium durch ganz Deutschland verteilt und begonnen ein eigenständiges Leben zu führen.

2015, inzwischen wohnte und arbeitete ich in Paderborn, verbrachten wir seid langer Zeit mal wieder mit einem Großteil der Familie eine Woche auf Schiermonnikoog. Während dieses Urlaubs lernte ich Rik kennen. Er arbeitete damals in einem Restaurant ganz in der Nähe unseres Ferienhauses. Wie man so sagt ging dann alles ganz schnell. Gut vier Monate später wurden wir ein Paar und nachdem ich ungefähr ein Jahr lang zwischen Paderborn und Schiermonnikoog pendelte stellte ich mir schnell die Frage: Kann ich mir auch vorstellen hier zu leben? …

… Sechs Jahre später bin ich froh, mir diese Frage selbst mit ‚ja‘ beantwortet zu haben. Mittlerweile bin ich fast fünf Jahre mit Rik verheiratet, haben wir Hund Yoshi bei uns aufgenommen, haben wir ein schönes Haus und beide einen tollen Arbeitsplatz gefunden.

Immer noch bin ich begeistert von der Insel. Ich genieße die Natur genau so wie die Geselligkeit im Dorf. Besonders im Sommer wimmelt es in den Straßen von Menschen und man hört so viele verschiedene Sprachen. Niederländisch, deutsch, englisch, französisch, spanisch, polnisch etc. Letztere auch, weil auch Schiermonnikoog immer internationaler wird. In immer mehr Betrieben ist es mittlerweile völlig normal, auch mit spanischen, polnischen, südafrikanischen oder eben deutschen Kollegen zusammenzuarbeiten. Was manche beklagen mögen empfinde ich als eine große Bereicherung für die Gemeinschaft.

Wenn ich in Deutschland zu Besuch bin stellen sie oft die gleichen Fragen. Ob es im Winter nicht sehr langweilig ist, ob man nicht das Bedürfnis hat einfach mal shoppen gehen zu können, ob ich die Familie nicht vermisse. Nein, nein und ja. Die Entfernung zu Familie und Freunden ist manchmal schwierig. Keine Frage. Aber die Wintermonate sind nicht langweilig sondern wunderbar ruhig. Und ja, mal schnell zu IKEA ein neues Sofa holen, das geht, aber man muss es planen ….

… aber dann stehe ich abends wieder mit dem Hund auf dem Deich und werde für alle kleinen Entbehrungen mehr als entschädigt. Ein Frühlingstag wie er im Buche steht verabschiedet sich. Es ist schon fast ganz dunkel. In der Ferne sehe ich die Lichter vom Hafen von Lauwersoog. Wenn ich mich umdrehe sehe ich, wie in den Häusern im Dorf immer mehr Lichter ausgehen. Die Insel geht langsam schlafen."

Lilly van Stokkem